Interview mit Rechtsanwalt Dr. Günter Huber zu dem Spezialgebiet Arbeitsrecht
1.

Arbeitsrecht ist komplex und wenn man damit zu tun hat, ist es meist unangenehm. Haben Sie Fragen zum Arbeitsrecht können Ihnen Fachanwälte weiterhelfen.
Das Arbeitsrecht umfasst ein breites Feld an speziellen Themen. In welchen Bereichen geraten Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber am häufigsten in Konflikt miteinander?
Probleme zwischen Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber treten häufig auf bei (angeblichen) Pflichtverletzungen der Arbeitnehmer/innen. Dies können Verspätungen, fehlerhafte Arbeitsweise oder zu geringe Arbeitsleistung sein.
2.
Was kann man als Arbeitnehmer/in aktiv tun, um solche Konflikte einzudämmen oder gar ganz zu vermeiden?
Als Arbeitnehmer/in sollte bei vorgeworfenen Pflichtwidrigkeiten berücksichtigt werden, dass kein Arbeitnehmer/in, auch nicht ein sehr guter, fehlerfrei arbeiten kann. Dennoch sollten vorgeworfene Pflichtwidrigkeiten sorgfältig geprüft werden. Wenn die Vorwürfe berechtigt sind, sollte ein Arbeitnehmer darauf hinwirken, diese künftig abzustellen und sich für Fehler zu entschuldigen. Wenn ein gemachter Fehler bagatellisiert oder geleugnet wird, führt dies in der Regel zu einer schlechteren Arbeitsatmosphäre und die Kontrolle wird intensiviert, wodurch möglicherweise weitere Fehler, die an für sich nicht wesentlich sind, entdeckt werden, wodurch sich die Arbeitsatmosphäre weiter verschlechtert.
3.
Welche Schritte sollte man als Angestellte/r einleiten, wenn eine konstruktive Auslösung des Problems nicht mehr möglich oder zielführend erscheint?

Rechtsanwalt Dr. Günter Huber ist auf Arbeitsrecht spezialisiert. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht mit den Arbeitsschwerpunkten Kündigungsrecht, Abfindungen und Arbeitszeugnisse. Dr. Huber ist Gründer der Kanzlei Dr. Huber & Kollegen in Freiburg. Er berät bei arbeitsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und er bearbeitet außergerichtliche und gerichtliche Arbeitsrechtverfahren, insbesondere Kündigungsschutzverfahren. Als Anwalt ist er überwiegend in Südbaden tätig, er bearbeitet jedoch auch wichtige Arbeitsrechtsfälle aus anderen Regionen und er verfügt über überregionale Prozesserfahrungen.
Falls ein Arbeitgeber aufgetretene oder fälschlich vorgeworfene Fehler mit einer Abmahnung ahndet, ist Vorsicht geboten. In diesem Fall ist zu befürchten, dass der Arbeitgeber an der sachgemäßen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kein großes Interesse mehr hat. Zu der Abmahnung sollte dann sachgemäß schriftlich Stellung genommen werden. In der Regel ist es dann auch notwendig, einen Anwalt zu konsultieren. Es ist oft nicht erforderlich, dass der Anwalt sich direkt an den Arbeitgeber wendet. Ausreichend und besser ist es meist, wenn der Anwalt dem Arbeitnehmer/in eine Stellungnahme zu der Abmahnung erarbeitet und der Arbeitnehmer/in diese Stellungnahme selbst unterschreibt und an den Arbeitgeber weiterleitet.
4.
Lassen sich die meisten Streitfragen aus dem Arbeitsrecht außergerichtlich klären oder führt der „normale“ Weg zum Arbeitsgericht?
Die meisten Streitfragen im Arbeitsrecht, insbesondere Abmahnungen, Versetzungen u.a. lassen sich außergerichtlich klären. Bei einer Kündigung führt allerdings kein Weg am Arbeitsgericht vorbei. Mit Erhalt einer Kündigung beginnt die sogenannte Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Wenn ein Arbeitnehmer/in diese Frist versäumt, wird die Kündigung wirksam, auch wenn die Kündigung unbegründet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage mit Erhalt der Kündigung beginnt und deshalb häufig Kündigungsschutzklage bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben werden muss, um die Frist zu wahren.
5.
Gehen die Gerichtsverfahren in der Regel zugunsten der Arbeitnehmer/innen- oder eher der Arbeitgeberseite aus? Gibt es hier aussagekräftige Statistiken?
Aussagefähige Statistiken, ob Gerichtsverfahren zugunsten der Arbeitnehmer/innen- oder eher zugunsten der Arbeitgeberseite ausgehen, sind nicht verfügbar. In der Praxis ist allerdings festzustellen, dass Kündigungsschutzverfahren in der Regel erfolgreich sind. Sie führen zwar häufig nicht dazu, dass der Angestellte nach einem Kündigungsschutzprozess weiterbeschäftigt wird. Dies ist eher die Ausnahme. In den meisten Fällen strebt der Arbeitnehmer/in die Weiterbeschäftigung auch nicht an, sondern eine Abfindung, da er bei dem Arbeitgeber, der ihm gekündigt hatte, nicht mehr weiter arbeiten will und es ihm deshalb um einen finanziellen Ausgleich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht. Dieses Ziel wird in Kündigungsschutzprozessen vom Arbeitnehmer/in in der Regel erreicht, wenn er sachgemäß anwaltlich vertreten ist. Außerdem kann mit einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht, mit dem eine Abfindung zugesprochen wird, auch ein sachgemäßes Arbeitszeugnis mit guter Benotung ausgehandelt werden. Dieses Zeugnis kann für den künftigen Berufsweg des Gekündigten sehr wichtig sein.
6.
Können Sie unseren Bewerber/innen praxisnahe Ratschläge mit auf den Weg geben, damit das Thema Arbeitsrecht im Berufsalltag keine dominante Rolle spielt?
Arbeitsrecht wird dann relevant, wenn es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/in oder zwischen Kollegen/innen zu Konflikten kommt. In Konfliktsituationen gibt das Arbeitsrecht die Richtschnur, wie sich die Konfliktparteien verhalten müssten. Dabei ist das Arbeitsrecht grundsätzlich als Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet um den Arbeitnehmer/innen vor dem in der Regel wirtschaftlich stärkeren Arbeitgeber Schutz zu gewähren. Dennoch sollte das Arbeitsrecht im Berufsalltag keine dominante Rolle spielen. Es ist allerdings nicht möglich, das Arbeitsrecht auszublenden. Vielmehr sollten Arbeitnehmer sich über das Arbeitsrecht informieren, ohne im Konfliktfall kleinlich auf ihren Rechten zu beharren. Am Arbeitsplatz muss zusammen erfolgreich gearbeitet werden. Oft ist es ein gegenseitiges Nehmen und Geben. Wenn ein Arbeitgeber nicht kleinlich ist, wird ein Angestellter sich auch eher über seine konkrete Arbeitspflicht hinaus engagieren. Wenn ein Angestellter kleinlich auf seinen Rechten beharrt, ist wahrscheinlich, dass auch ein Arbeitgeber nicht großzügig ist, wenn ein Angestellter das Entgegenkommen des Arbeitgebers benötigt.
Dieses Interview mit Dr. Huber zum Thema Arbeitsrecht wurde von Dipl.-Ing. Till Tauber MBA, dem Bewerbungsschreiber aus dem Raum Hannover / Braunschweig geführt.

Till Tauber ist seit 2013 als freiberuflicher Bewerbungsschreiber tätig und greift hierzu auf sein Wissen als Diplom-Ingenieur mit zusätzlichem MBA-Abschluss zurück. In dieser Zeit hat er mehr als 3.500 Bewerbungen im Kundenauftrag geschrieben – und weiß, worauf es beim Anschreiben sowie beim Lebenslauf ankommt. Auf TT Bewerbungsservice schreibt er zu aktuellen Themen rund um die Bewerbung.